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Von Max Liebermann bis Werner Heldt

Positionen Berliner Kunst zwischen 1930 und 1960
Joachim Karsch: Lesendes Paar
Joachim Karsch:
Lesendes Paar

1932/33.
Eichenholz. Höhe: 97,5 cm
Karl Hofer, Zwei Mädchen auf dem Hügel
Karl Hofer,
Zwei Mädchen auf dem Hügel

1948, Öl auf Leinwand,
110 x 92 cm
Werner Heldt, Pfingsttag
Werner Heldt,
Pfingsttag

1952,
Öltempera auf Leinwand,
54,5 x 64,5 cm

Berlin war auch im vorigen Jahrhundert nicht nur ein vielschichtiges Sammelbecken, sondern auch der zentrale Schauplatz entscheidender künstlerischer und vor allem politischer Entwicklungen. Die hier ins Blickfeld gerückten dreißig Jahre – von 1930 bis 1960 – sind dabei von einer besonderen Brisanz, denn die 1930er Jahre gehören wohl zu den dunkelsten Kapiteln deutscher Geschichte, aber auch der Neubeginn nach 1945 war mit einer weitreichenden Problematik verbunden.

Die Positionen Berliner Kunst, die in dieser Ausstellung mit 80 Gemälden und Skulpturen von 42 Künstlern vereinigt sind, werden durch Werke veranschaulicht, die eine hohe künstlerische Qualität verkörpern und deren Schöpfer in der deutschen Kunstgeschichte einen bedeutenden Platz einnehmen.

Namen wie Max Liebermann, der – in hohem Alter als jüdischer Maler geächtet – 1933 von seinem Amt als Ehrenpräsident der Preußischen Akademie der Künste zurücktrat, oder die der Bildhauer Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Ludwig Kasper, Hermann Blumenthal, Joachim Karsch stehen für eine Kunst, die auch unter schwierigen Bedingungen einem impressionistischen, ausdrucksbetonten oder strengen Realismus verpflichtet blieb. Sie überlebten die Zeit des Nationalsozialismus nicht, zerbrachen an ihr oder wurden Opfer des Krieges.

Gerade die 1930er Jahre mit der unverhohlenen Forderung nach einer »völkischen Kunst« und der Diffamierung der progressiven Kräfte in der Aktion »Entartete Kunst« zwangen viele Künstler zum Weggang aus Deutschland oder zur »inneren Emigration«. Um so bemerkenswerter ist es, welch relativ breites Spektrum diese von permanenter Gefahr begleitete und weitgehend der Öffentlichkeit entzogene Kunst aufrechterhielt. Diese Positionen reichen von der durch Figur und Landschaft inspirierten Ausdruckskunst Karl Hofers und Max Kaus’ über die expressiv aufgeladenen Ostsee–Bilder des jungen Ernst Wilhelm Nay bis zu den sozialkritischen Realitätssichtungen Otto Nagels und Fritz Cremers. Besonders hervorzuheben ist auch die »Ateliergemeinschaft Klosterstraße« unweit des Alexanderplatzes. Hier arbeiteten neben Kollwitz, Kasper, Blumenthal auch die Maler Werner Heldt und Werner Gilles in einem etwas abgeschirmten Refugium, erfüllt von einer zurückhaltenden, an der frühgriechischen Archaik orientierten Formensprache beziehungsweise der stillen Symbolhaftigkeit des Realen.

An all diese Positionen wurde nach dem Krieg angeknüpft – zunächst noch im Gefühl einer prinzipiellen Gemeinsamkeit, für die sich besonders Karl Hofer als erster Direktor der wiedereröffneten Hochschule für bildende Künste einsetzte, bald darauf jedoch von unterschiedlichen Ausrichtungen bestimmt. Der Aufbruch öffnete auch für neue Kunsthaltungen den Weg: Heinz Trökes und Mac Zimmermann erprobten surreale Tendenzen, die Bildhauer Hans Uhlmann, Karl Hartung und später Bernhard Heiliger setzten erste bedeutsame Akzente mit ihren abstrakten Gestaltzeichen.Werner Heldt, der »reale Romantiker « unter den Berliner Künstlern, weitete seine Landschaften zu modernen, flächig gefassten Stilleben.

Während für diese Gruppierungen in den Anfangsjahren die Galerie Rosen zum Sammelpunkt wurde, entwickelte sich für den Ostteil Berlin die 1950 wiederbegründete Akademie der Künste zu einem Zentrum realistischer Bestrebungen. Der spätere Präsident Otto Nagel, Heinrich Ehmsen, Fritz Cremer, Gustav Seitz, Will Lammert, aber auch Horst Strempel und Bert Heller fühlten sich dieser Richtung besonders zugehörig.

Die Frage »Gegenständliche oder abstrakte Kunst?« teilte bis zu einem gewissen Grad nicht nur Ost und West, sondern war auch innerhalb der jeweiligen Kunstquartiere – gerade auch im westlichen Berlin – ein besonders umstrittenes Thema. Aber auch Altmeister wie Karl Schmidt–Rottluff, Richard Scheibe oder Reneé Sintenis waren in Berlin weiterhin tätig,während einige junge ostdeutsche Künstler wie Harald Metzkes, Manfred Böttcher und Werner Stötzer als Meisterschüler an der Akademie damals ihre Künstlerlaufbahn begannen. Das alles vollzog sich in einer Stadt, die trotz der Teilung bis 1961 noch immer genügend Durchlässigkeit besaß, um eine gegenseitige Kenntnisnahme zu ermöglichen.

Die Ausstellung, in der die Skulpturen einen gewichtigen Platz einnehmen, bezieht ihr besonderes Profil aus der vergleichenden Betrachtung von Werken, die in sehr unterschiedlich beherrschten Systemen entstanden sind und dennoch – bei aller Verschiedenheit der Ausdrucksmittel – Kontinuität und Diskontinuität verkörpern. Zeitgeist und Kunsthaltung werden miteinander in Bezug gesetzt, um Kenntnisse zu vertiefen und neue Fragen zu stellen.

Die sensibel gestaltete Porträtplastik der Marlene Dietrich von Ernesto de Fiori, 1931 entstanden, bildet den Auftakt, die karge Kubik der Bertolt–Brecht–Statuette von Gustav Seitz aus dem Jahr 1956 steht am Abschluss einer Schau, die einen anregenden Bogen spannt über drei Jahrzehnte deutscher, in Berlin verankerter Kunst.

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