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Figur und Gegenstand

Malerei und Plastik in der Kunst der DDR
Werner Stötzer,  Sitzende mit aufgestütztem Arm
Werner Stötzer,
Sitzende mit aufgestütztem Arm

1970-1974,
Bronze, Höhe 124 cm
Wolfgang Mattheuer,  Die Ausgezeichnete
Wolfgang Mattheuer,
Die Ausgezeichnete

1973/74, Öl auf Hartfaser,
124 x 100 cm
Harald Metzkes,  Sitzender Akt
Harald Metzkes,
Sitzender Akt

1966,
Öl auf Leinwand,
135 x 125 cm
Waldemar Grzimek, Artisten II
Waldemar Grzimek,
Artisten II

1956. Bronze,
Höhe 63 cm

Mit etwa 110 Gemälden und Skulpturen von 95 Künstlern gibt die Ausstellung »Figur und Gegenstand« einen interessanten Überblick über die Kunstlandschaft DDR, die trotz aller Restriktionen ein eigenes künstlerisches Profil von beachtlicher Qualität entwickelt hat. Für viele ist diese Kunst bisher relativ unbekannt geblieben oder nur durch einzelne Künstler wie Bernhard Heisig,Willi Sitte oder Werner Tübke ins Licht der Öffentlichkeit gerückt worden. Die repräsentative Auswahl von Erwerbungen der Nationalgalerie–Ost, die bis 1990 im Alten Museum auf der Berliner Museumsinsel zu sehen war, ermöglicht nun eine nähere und vertiefte Kenntnisnahme. Sie lässt zugleich deutlich werden, wie im Osten Deutschlands über Generationen hinweg ein breitgefächertes Spektrum sehr verschiedener künstlerischer Handschriften entstanden ist.

Besonders die vier Kunstzentren Dresden, Berlin, Leipzig und Halle/Saale gaben mit ihren traditionsreichen Kunsthochschulen und der Akademie der Künste zu Berlin der ostdeutschen Kunstszene durchaus unterschiedliche Prägungen und führten dort beheimatete Kunstmentalitäten weiter. In Dresden dominierte bei den Künstlern der älteren Generation wie Wilhelm Lachnit, Bernhard Kretzschmar, Theodor Rosenhauer, Hans Jüchser u.a.eine betont malerische Haltung, die als ausgesprochen sensitive Farbkultur auch für viele junge Künstler richtungsweisend wurde. Daneben spielten die Nachwirkungen des Dix’schen Verismus – etwa bei Hans Grundig, Curt Querner u.a.– eine Rolle. Später kamen ausdrucksbetontere Haltungen hinzu – etwa bei Willy Wolff, Albert Wigand und den Künstlerkreisen um Strawalde und Max Uhlig, die ihre Anregungen aus der amerikanischen und europäischen Moderne bezogen.

Berlin gab dagegen einer thematisch ausgerichteten Kunst eine größere Bedeutung und mehr Gewicht. Maler wie Horst Strempel oder die Akademielehrer Otto Nagel, Heinrich Ehmsen, Max Lingner, Bert Heller u.a.rückten das gesellschaftliche Motiv stärker in den Vordergrund. Aber schon die nachfolgende Generation – meist Meisterschüler der Akademie und später als »Berliner Schule« bezeichnet – mit Malern wie Harald Metzkes, Manfred Böttcher, Ernst Schroeder, Hans Vent, Christa und Lothar Böhme,Wolfgang Leber u.a. wandte sich betont – in einer Art Verweigerungshaltung – wieder mehr den einfachen Lebensbereichen, dem Akt, dem Porträt, dem Stilleben oder der Landschaft, zu, die – mit bewusst plastisch gehaltener Farbmodulatur gestaltet – als wichtige Erlebniswerte des Realen
begriffen wurden.

In Halle blieb zunächst der Einfluss der französischen Moderne prägend. Die poetische Naivität eines Albert Ebert auf der einen und der sachliche Realismus eines Willi Sitte in den 1960er Jahren auf der anderen Seite waren Höhepunkte der dortigen Kunst, die stets sehr stark mit der Ausstrahlung der Hochschule Burg Giebichenstein und ihren vorrangig formgestaltenden Aufgaben verbunden war.

Vor allem Leipzig setzte nach 1960 – mit der Hochschule für Grafik und Buchkunst als Mittelpunkt – ganz eigene, aufsehenerregende Akzente. Die »Leipziger Schule«, die vor allem durch Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer und deren Schüler Volker Stelzmann, Arno Rink, Ulrich Hachulla sowie durch Bernhard Heisig repräsentiert wird, behandelte vorrangig historische und gesellschaftlich aktuelle Themen mit offensiver Vehemenz. Tübke und Mattheuer artikulierten mit veristischer Dingakribie und unterkühlter Formensprache, während Heisig mit expressiver Dramatik seine szeneartigen Montagen ins Bild setzte. Dieser vitale Gestus wurde von seinen Schülern wie Hartwig Ebersbach, Walter Libuda und Hubertus Griebe ausgebaut und führte in den 1980er Jahren zu einer »neuen Expressivität «, die die ostdeutsche Kunstszene insgesamt erfasste. Der rigorose Aufbruch der Jüngeren, zu denen auch Angela Hampel in Dresden und Trak Wendisch in Berlin gehörten, entlud sich als suggestive individuelle Emotionalität, die deutlich an den Grundfesten des Systems rüttelte.

In der Skulptur gab es ähnliche Entwicklungen, wenngleich die Körperfigur stärker als verbindendes Moment erhalten blieb. Aber auch hier kam es zunehmend zu fragmentierendem Formaufbruch in existentieller Sinnbildhaftigkeit. Die Reihe interessanter Namen reicht von den älteren Bildhauern wie Fritz Cremer, Gustav Seitz, Waldemar Grzimek, Theo Balden, Will Lammert über die mittlere Generation mit Werner Stötzer, Wieland Förster, Sabina Grzimek, Emerita Pansowová und Wieland Schmiedel bis zu den Jüngeren wie Rolf Biebl, Matthias Jackisch und Frank Seidel.

Der Ausgangspunkt der ostdeutschen Kunst lag – etwas anders als im Westteil Deutschlands – stärker in einer Hinwendung zur figurativen Kunst. Sie aber hatte – in den künstlerisch wertvollen Leistungen – immer die Spannungen und den Widerstreit des Realen und auch des Ästhetischen im Blick. Wenn der Altmeister der Dresdener Malerei, Wilhelm Lachnit, um 1950 bekannte, »ich möchte etwas schaffen, ganz gigantisch, ganz streng, ganz klassisch und doch voller Duft. Es soll die Menschen zeigen, wie sie hoffend leben, und das ganz Schreckliche, das sie zerstört«, so stehen diese Worte für das innere Anliegen vieler Künstler. Die Reibung am Menschen, an der Natur oder am sozialen Kontext wurde gesucht. Dabei sah man sich in einer Traditionslinie mit dem expressiven Realismus. Die figurative europäische Moderne war einer der wesentlichen Bezugspunkte. Künstler wie Beckmann oder Picasso, Marini oder Giacometti wurden als Wahlverwandte verstanden, deren Ziel auch in der Zwiesprache mit der fassbar–unfassbaren Realität lag.

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